Vom Traum zum Alptraum

Und wieder einmal bin ich dank meines Berufes krankgeschrieben. Der massive Personalmangel, die zusätzliche Belastung diesbezüglich und vermutlich auch die Überstunden, haben mich erneut lahm gelegt. Nicht nur, dass der Hexenschuss zurückkam (ich hatte bereits im Frühjahr einen), nein, diesmal habe ich wohl noch zusätzlich mit einem Burnout zu kämpfen. Ich kann einfach nicht mehr!
Auf der einen Seite arbeitet man über seine Grenzen hinaus, weil es ja laufen soll und weil man die Kollegen nicht im Stich lassen will, aber auf der anderen Seite tut man sich damit über kurz oder lang keinen Gefallen.
Der Personalmangel bei uns im Krankenhaus ist nicht neu. Kaum bekommt man Verstärkung im Team, wird jemand längerfristig krank, schwanger oder kündigt. Und dann ist man wieder unterbesetzt und muss für 2 oder auch mal für 3 arbeiten. Das zieht sich jetzt im Grunde so hin, seit ich im RBK angefangen habe. Also seit rund 1,5 Jahren. Immer wenn ich denke, jetzt sind wir in Sachen Personal gut aufgestellt, geht irgendetwas schief.
Und ich merke einfach (auch an meinem Knie, das nach wie vor keine allzu schwere Belastung verträgt), dass ich keine 20 Jahre mehr bin. Die psychische und physische Belastung in meinem Beruf, insbesondere im Krankenhaus, ist nicht gerade gering.
Allein der Gedanke, am Montag wieder in eine Horrorwoche zu starten, hat mich am Sonntagabend emotional zusammenbrechen lassen. Am Montag bin ich dann, nach einer sehr kurzen Nacht (ich konnte weder besonders gut noch ausreichend schlafen), bin ich dann direkt um 7 Uhr zu meinem Hausarzt gegangen. Und dort habe ich eine weitere Panikattacke erlitten, als ich versucht habe ihm zu erklären, woher mein Hexenschuss kommt und wie sehr mich die Arbeit allgemein seit Monaten belastet. Mein Arzt hat nicht lange herumgefackelt und mich vorerst für 2 Wochen krankgeschrieben. Zusätzliche gehe ich zur Physiotherapie, um meinen Hexenschuss wieder loszuwerden.
Alles in allem sieht es für mich aber so aus, als müsse ich mir einen alternativen Job suchen. Diesen kann ich wie bisher einfach nicht langfristig ausüben. Nicht in dieser Klinik, mit dieser Belastung. Und die Erkenntnis bricht mir das Herz. Zum einen liebe ich meine Arbeit prinzipiell, da ich die Kardiologie für das interessanteste Fachgebiet halte. Zum anderen schätze ich meine Kollegen wirklich sehr und auch ein paar der Ärzte, mit denen ich täglich arbeite. Das Team ist super, aber die Rahmenbedingungen sind untragbar.
Es ist auch egal, an wen ich mich wende (Chefin, Oberärzte etc.), niemand kann die Situation verbessern. Wir haben nun mal eine enorme Menge an Patienten, nur eben nicht das Personal und die Räumlichkeiten, um sie alle entsprechend zu untersuchen. Die qualitative Arbeit hat nachgelassen und erinnert mehr an Fließbandarbeit, als sonst was. Die persönliche Ebene bleibt dabei auf der Strecke. Und dabei kommen zu uns die verängstigten Patienten, die teils schlimme Diagnosen zu verkraften haben oder gerade eine Herz-OP überstanden haben und am Ende ihrer Kräfte sind. Und ich habe nicht mehr die Kraft, oder die Zeit, mich entsprechend um diese Menschen zu kümmern.

Und nun sitze ich hier und überlege, was ich in beruflicher Hinsicht machen soll. Soll ich gar nicht mehr als MFA arbeiten? Soll ich mir eine Praxis suchen, vielleicht mit einem anderen Fachgebiet? Die Orthopädie fand ich auch sehr interessant. Doch da weiß man halt immer nicht, ob man ins Team passt. Ob man langfristig mit dem Chef auskommt, mit dem man dann ja wieder sehr eng zusammenarbeitet. Hinzu kommt, dass freie Urlaubsplanung nicht mehr möglich sein wird, da diese sich meist nach dem Arzt und der Schließung der Praxis richtet. Je nach Größe der Praxis, versteht sich.
Oder soll ich mir als Aushilfskraft ganz was anderes suchen? Womöglich einen deutlich langweiligeren Job, der mich zwar nicht befriedigt, im Umkehrschluss aber auch nicht fertig macht.

Ich bin einfach nur ratlos. Ratlos und erschöpft und furchtbar traurig. Mein Traumjob erweist sich gerade als Alptraum. Und das zu realisieren … macht mich fertig.

2 Gedanken zu “Vom Traum zum Alptraum

  1. Hey Nadia!
    Das sind ja keine schönen Nachrichten! Ich wünsche dir gute Besserung!
    Käme für dich ein Job in der IT in Frage? Du bist da ja recht affin und ich bin ja auch als Quereinsteigerin nach einem Bootcamp da gelandet (das das Arbeitsamt finanziert hat). Ich arbeite mittlerweile bei der DB und die Work-Life-Balance ist super. Gerade Frontend Entwicklerin könnte ich mir bei dir gut vorstellen.
    Liebe Grüße!

    1. Hey Annie,

      wie schön, dass du hier vorbeischaust. Ich müsste mich wahrscheinlich mal beim Arbeitsamt erkundigen. An so eine Möglichkeit habe ich noch gar nicht gedacht.
      Ich hatte überlegt wieder zurück ins Seniorenheim, als Betreuungsassistentin. Ich habe aber auch eine Stelle bei einem Arzt in Aussicht, der traditionelle chinesische Medizin praktiziert. Das hört sich auch wesentlich entspannter an. Wir sind via WhatsApp in Kontakt und da macht der Doc einen sehr netten Eindruck.

      Lass es dir gut gehen. *mwah*

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