Beruflicher Scherbenhaufen

Ich bin wieder arbeitssuchend, obwohl im März alles so vielversprechend aussah.

Dr. S. war seit meinem Bewerbungsgespräch über meinen gesundheitlichen Zustand informiert. Er wollte von mir sogar wissen, ob ich lieber an die Anmeldung oder ihm assistieren möchte. Da ich keine Erfahrung mit den Tätigkeiten der Anmeldung habe (im Krankenhaus lernt man das nicht), wollte ich gerne assistieren. Allerdings musste ich dann entgegen dem, was mir in Aussicht gestellt wurde, täglich an die Anmeldung, wo ich genauso unerfahren wie ein Azubi im ersten Lehrjahr bin, was mich in erheblichen Stress brachte, und meine Unsicherheit wieder verstärkte. Dr. S. hat wohl sogar mal die Telekom um eine Statistik gebeten und erfragt, wie viele Anrufe im Schnitt täglich in seiner Praxis eingingen. Die Antwort war um die 350!!! Stellt euch das mal vor …
Mit Formularen, Abrechnung und Patientenannahme habe ich leider so gut wie keine Erfahrung. Dafür bin ich praktisch sehr gut ausgebildet und hätte dort auf einen großen Erfahrungsschatz zurückgreifen können. Das wurde jedoch ignoriert. Darüber hinaus habe ich mich noch in keinem Team so unwillkommen und deshalb unwohl gefühlt, wie in diesem. Der Versuch von Konversation (vor oder nach der Arbeit) wurde von einem Großteil der MitarbeiterInnen vermieden, sogar regelrecht abgeschmettert.
Dr. S. gab mir gegenüber zu, dass er meinen Burnout wohl unterschätz habe und dass es vermutlich ein Fehler gewesen sei, mich an die Anmeldung (wir hatten 3 Telefonplätze, wo es unentwegt klingelte! s.o.) zu setzen. Eine Alternative bot er mir jedoch zu keinem Zeitpunkt an. Mein gesundheitlicher Zustand verschlechterte sich daraufhin erneut, so dass ich keinen anderen Ausweg sah, als um einen Auflösungsvertrag zu bitten. Und so haben sich unsere Wege nach knapp 3 Wochen getrennt.

Gestern war ich dann zum ersten Mal in meinem Leben auf dem Arbeitsamt, um mich arbeitslos zu melden. Ich glaube das war einer der schlimmsten Tage überhaupt seit ich krank wurde. Für gewöhnlich helfe ich den Leuten, nun musste ich selbst um Hilfe bitten. Das war schlichtweg erniedrigend, auch wenn die MitarbeiterInnen dort sehr nett und verständnisvoll sind.

Leider bin ich erneut an dem Punkt, an dem ich es für unmöglich halte noch in meinem gelernten Beruf zu arbeiten. Und wieder einmal denke ich über Alternativen nach. Ich weiß nur noch nicht, ob ich momentan überhaupt in der Lage bin, etwas Neues zu lernen. Meine Konzentration lässt nach wie vor zu wünschen übrig. Ich komme mir vor wie ein Mensch mit Demenz, nur dass ich mir meiner Vergesslichkeit durchaus bewusst bin und das ärgert mich natürlich.

Meine Versuche einen Therapieplatz bzw. einen Psychologen zu finden waren bisher erfolglos. Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt nun die Kirche und dort im Speziellen die Diakonin, die auch Seelsorge betreibt. Ich warte allerdings noch auf eine Rückmeldung ihrerseits.

Das Gefühl nicht arbeiten zu können, obwohl man es so gerne möchte, ist total beschi****.

Ende des Monats habe ich ein Beratungsgespräch mit dem Arbeitsamt. Mal schauen, ob mir das neue Perspektiven eröffnet.

2 Gedanken zu “Beruflicher Scherbenhaufen

  1. Ich kenne deine Situation nur zu gut und ich will dir keine Hoffnungen machen mit deinem Gespräch beim Arbeitsamt. Mich hat das jedes Mal noch weiter nach unten gezogen. Ich bin sehr gut ausgebildet, hatte aber nie eine Chance irgendwas zu finden, weil mich fast jeder Arbeitgeber als überqualifiziert einschätzt hat. Aber wie kann man Erfahrung sammeln und sich überqualifizieren, wenn man außer dem Studium gar keine Erfahrungen hat. Der Tropfen, der bei mir das Fass zum überlaufen gebracht hat, war ein Angebot vom Arbeitsamt, eine befristete Arbeitsstelle (Projektarbeit) anzunehmen, um eine Datenbank zu erstellen für Jugendliche, die die Schule hingeschmissen haben, damit die einen Vollzeitjob finden können. Ich habe abgelehnt, weil ich seit meinem Studium (abgeschlossen mit einem 1,3 Durchschnitt in Informationswissenschaften) gerade mal 1-Euro Jobs bekommen habe. Das Arbeitsamt wollte mir die Unterstützung streichen, weil ich abgelehnt habe. Da bin ich zusammengebrochen. Die einzige “Hilfe” die ich bekommen hatte war, dass man mir androhte die Polizei zu rufen, wenn ich mich nicht zusammenreißen würde. Was habe ich gemacht? Ich habe hemmungslos geweint. Mein Schritt aus der konstanten Arbeitslosigkeit war, dass ich einen (Vollzeit)-Job im Ausland angenommen habe. Sowas habe ich nie in Deutschland bekommen, weder auf Jobseiten, und schon gar nicht durch das Arbeitsamt. Also daher mein Rat, erwarte nicht zu viel.
    Schöne Grüße aus UK.

  2. Ich muss zugeben, dass mein Gespräch gar nicht so schlimm war. Momentan muss ich ohnehin erstmal versuchen wieder arbeitsfähig zu werden. Aktuell muss ich halt auf die Rückmeldung der Deutschen Rentenversicherung zwecks stat. Reha warten. Die müssen das wohl genehmigen, nicht die Krankenkasse. War mir neu …

    Ich versuche mich jetzt auch nicht verrückt zu machen, was die Zukunft angeht. Vielleicht kann ich wieder in meinem Job arbeiten – vielleicht in einer etwas ruhigeren Praxis (es sind ja nicht alle Fachrichtungen gleichermaßen überrannt), oder ich überlege mir dann halt etwas anderes.

    Das Ausland käme für mich nicht in Frage, weil mein Mann bei der Stuttgarter Straßenbahn AG arbeitet und da spezielle Aus- und Fortbildungen genossen hat. Er ist unser Hauptverdiener, deshalb ist mein Job nicht soooo relevant. Ich möchte halt nicht zuhause sitzen, weil das einfach ätzend langweilig ist. Irgendwas wird sich da schon ergeben, da bin ich inzwischen wieder positiver gestimmt.

    Aber es ist schon krass, dass du überqualifiziert für die Jobs hier bist und gleichzeitig jammern immer alle bezüglich des Fachkräftemangels. *kopfschüttel*
    Ich hoffe, dass du dich in England wohlfühlst. Ich könnte mir auch vorstellen dort zu leben. Mein liebster Gärtner ist dort zuhause. 😀 Außerdem kommt Tolkien aus England. *hehe*

    Danke für deinen lieben Kommentar. 🙂

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